Sich zum ersten Mal mit den Marktkommunikationsprozessen (Mako) der Energiewirtschaft zu beschäftigen und diese zu verstehen, kann eine Herausforderung sein. Es ist anfangs schwierig, die einzelnen Marktnachrichten und energiewirtschaftlichen Gesetzestexte zu lesen und die Zusammenhänge zu verstehen.
Dieser Beitrag bietet einen Überblick darüber, welche energiewirtschaftlichen und regulatorischen Grundlagen für die Marktkommunikation zwischen den einzelnen Marktpartnern zu finden sind und wie sie zusammenhängen.
Was für Marktrollen gibt es und wie werden sie reguliert?
Im Jahr 1998 wurde der Energiemarkt liberalisiert. Dies bedeutete, dass Unternehmen, die zuvor alle Marktrollen innehatten, in verschiedene Marktpartner und -rollen aufgeteilt wurden. Diese Marktrollen sind: Messstellenbetreiber (MSB), Lieferant (LF), (Verteil-) Netzbetreiber (VNB), Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) und heutzutage auch der Energieserviceanbieter (ESA).
Abb. 1: Eine Übersicht von den übergeordneten Aufgaben der Marktrollen (Lieferant, Messstellenbetreiber, Verteilnetzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und dem Serviceanbieter) in Bezug auf den Kunden/Endverbraucher
Die MaKo-Prozesse der Marktteilnehmer werden von der Bundesnetzagentur (BNetzA) kontrolliert und gesteuert durch die Regulatorik (z. B. GPKE, WiM, MabiS) mit Konsultation von Unternehmen und Verbänden. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) aktualisiert darauf jedes halbe Jahr zum April und Oktober neue Formate zur Vereinheitlichung und zum Konsens einiger Verbände und Marktteilnehmer.
Die Formate der BDEW stellen sicher, dass die aktuellen Anforderungen an den Energiemarkt erfüllt werden. Der Energiemarkt ist dynamisch, und aus Erfahrung zeigt sich, dass Prozesse ständig optimiert werden können und an die neuen Herausforderungen der heutigen Zeit (z. B. Erneuerbare-Energien-Gesetz) anzupassen sind. Außerdem können Fehler durch vorherige Formatwechsel korrigiert werden, Rückmeldungen und Feedback von Marktteilnehmern werden dabei ebenfalls berücksichtigt.
Wo finde ich die aktuelle Regulatorik für die einzelnen Prozesse?
Auf der Seites des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) gibt es einen Überblick von allen Marktprozessen und deren Regulatorik. Der BDEW vertritt die Interessen von über 2000 Unternehmen und repräsentiert die Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung. Die BNetzA hat folgende Webseite für die MaKo-Prozesse im Überblick.
Im Folgenden Abschnitt werden die verschiedenen Gesetzentwürfe und Regulatoriken aufgelistet und ein kurzer Einblick in die jeweiligen Prozesse gegeben. Die Dokumente enthalten zu jedem schriftlich beschriebenen Prozess ein Use-Case Diagramm und ein Sequenzdiagramm, um den Prozess grafisch dazustellen.
Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE)
Die aktuelle Version befindet sich auf der BNetzA Webseite. Auch die zukünftigen gültigen Fassungen sind auf der Webseite zu finden, da ab dem nächsten Jahr der 24-Stunden-Lieferantenwechsel und weitere WiM/GPKE-Prozesse eingeführt werden. Der Hauptteil der GPKE befasst sich mit Abrechnungs- und Stammdatenänderungen, die direkten Bezug auf den Kunden/Endverbraucher haben.
Der Inhalt der GPKE lässt sich grob zusammenfassen:
- Lieferantenwechsel: Beginn und Ende der Stromlieferung
- Abrechnungsinhalte: Netznutzungsabrechnung, Preisblätter, Lieferscheine
- Stammdatenänderungen/-austausch von den jeweiligen Marktpartnern
- Konfigurationsaustausch: Messprodukt, Steuererlaubnis in Bezug auf intelligentes Messsystem
- Wiederherstellung und Unterbrechung der Anschlussnutzung
- Geschäftsdatenanfragen
Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel Gas (GeLi Gas)
Die aktuelle Version befindet sich auf der BNetzA-Webseite: GeLi Gas 2.0. Es existiert bereits ein Festlegungsverfahren für GeLi Gas 3.0, welches Regelungen, Transparenz, fairen Wettbewerb und Verbindlichkeiten mit allen Marktpartnern ausarbeitet und Marktstandards definiert.
Die Prozesse der GeLi Gas fokussieren sich auf die folgenden Schwerpunkte (analog zur GPKE):
- Lieferantenwechsel
- Anforderungen/Weiterleitung von Messwerten
- Stammdatenänderungen
- Geschäftsdatenanfrage
- Abrechnung: Preisblätter
- Anforderung von Brennwert und Zustandszahl
Wechselprozesse im Messwesen Strom (WiM Strom)
Die Wechselprozesse im Messwesen für Strom und Gas sind in unterschiedlichen Dokumenten niedergeschrieben, aber bilden ähnliche Prozesse ab. Für Strom gib es die Wechselprozesse im Messwesen Strom: WiM Strom.
In der WiM Strom werden die Wechselprozesse, die regulär mit der Messeinrichtung, dem Messstellenbetrieb und den dazugehörigen Gerätethemen zusammenhängen, beschrieben. Die erste Hälfte der WiM Strom befasst sich mit den Wechselprozessen und fasst sich grob zusammen:
- Beginn des Messstellenbetriebs: Registrierung, Geräteübernahme, Ersteinrichtung von intelligenten Messystem und moderner Messeinrichtung
- Ende des Messstellenbetriebs: Kündigung, Stilllegung
- Geräteprozesse: Wechsel der Messeinrichtung (Gerätewechsel), Übernahme einer Messeinrichtung (Geräteübernahme)
- Verpflichtungsanfrage
- Netzbetreiberwechsel
- Störungsbehebung
- Abrechnungsprozesse zwischen Messstellenbetreiber sowie zwischen anderen Marktpartnern
Die zweite Hälfte der WiM Strom ist dem Bereich der Übermittlung der Zählerständer oder Energiemengen zugeordnet und beinhaltet grob diese Themen:
- Anforderungen von Zählerständen, Energiemengen, Arbeits- und Leistungswerten, Lastgang sowie Mess- und Zwischenablesungswerten
- Übermittlung von Zählerständen, Energiemengen, Arbeits- und Leistungswerten, Lastgang sowie Mess- und Zwischenablesungswerten
- Geschäftsdatenanfragen
- Übermittlung der bisher gemessenen Arbeits- und Leistungswerte
- Übermittlung der Berechnungsformel
- Reklamation von Werten
Die Wechselprozesse für WiM Gas sind analog und werden ebenfalls kurz im Folgenden beschrieben.
Wechselprozesse im Messwesen Gas (WiM Gas)
Die aktuelle Fassung für die Wechselprozesse im Messwesen für Gas wird beschrieben in der WiM Gas und auf der BNetzA-Webseite. Das Dokument beschreibt folgende Wechselprozesse:
- Beginn Messstellenbetrieb: An- und Abmeldung
- Kündigung des Messstellenbetriebs
- Gerätewechselprozesse sowie Geräteübernahme
- Stornierung und Korrekturanfragen
Die Prozesse für die Übermittlung der Zählerstände und Lastgänge sind in der zweiten Hälfte der WiM Gas beschrieben, analog zur WiM Strom:
- Änderung der Einrichtung der Messlokation
- Störungsbehebungen
- Anforderung und Bereitstellung von Messwerten
- Lastgangverarbeitung und -reklamation
- Stammdatenänderungen
- Geschäftsdatenanfragen
- Abrechnung von Messstellenbetrieb zwischen Messstellenbetreibern sowie dem Lieferanten
Marktprozesse für erzeugende Marktlokationen (Strom) (MPES)
Die aktuelle Fassung der MPES befindet sich hier. In diesem Dokument werden die Prozesse für die Stromerzeugung an Anlagen beschrieben. Zusammengefasst wird die MPES in folgende Prozesse unterteilt:
- Lieferbeginn
- Lieferende, Kündigung
- Stammdatenänderung
Diese Prozesse stellen Wechsel- und Stammdatenänderungsprozesse dar.
Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom (MaBiS)
Die MaBiS legt die Prozesse zur Energiebilanzierung und die dazugehörige Abrechnung fest, mit dem Ziel, dass die eingespeisten und verbrauchten Energiedaten in Zeitform korrekt erfasst werden.
Die MaBiS regelt die technischen, organisatorischen und abrechnungstechnischen Aspekte der Bilanzkreisführung im Strommarkt, ohne dabei einen direkten Bezug zu den Endkunden zu haben. Ihr Hauptziel ist es, die Bilanzkreistreue zu gewährleisten und ein stabiles und zuverlässiges Abrechnungssystem im Strommarkt zu unterstützen.
Die MaBiS beschreibt zusammenfassend diese Prozesse:
- Regeln und Verwalten von Bilanzkreisen
- Analyse und Überwachung des Stromnetzes
- Austausch von Profilen (Standardlastprofil)
- Übermittlung und Austausch von aggregierter Darstellung von Energiemengen
- Abrechnung von aggregierter Darstellung von Energiemengen, welche genau den jeweiligen MP zugehören
- Planung vom Einklang zwischen Energieeinspeisung und -entnahme
Wie kommunizieren die Marktpartner untereinander?
Damit die Marktpartner miteinander erfolgreich kommunizieren können, gibt es Marktnachrichten/Formate, die eindeutig beschreiben, welcher Prozess bei welchen Marktpartner angestoßen werden soll.
Die folgenden Marktnachrichten sind direkt mit Prozessen aus der Regulatorik verbunden und stellen das Bindeglied zwischen den Marktpartnern. Auf der edi@energy Webseite, erstellt von der BDEW, sind die aktuellen, zukünftig gültigen und archivierten Formate zu finden. Für einen kurzen Überblick, sind folgend einige wichtige Datenformate für GPKE und WiM mit einer kurzen Beschreibung aufgelistet, die die vereinheitlichen Datenformate für die Energiewirtschaft festlegen:
- ORDERS (Anfrage, Bestellung Anforderung von Daten)
- ORDERSP (Abweisung der Anfrage, Antwort auf ORDERS)
- QUOTES (Angebotsanfrage)
- REQOTE (Anforderung eines Angebots, Anfrage von Werten, Rechnungsabwicklung, etc.)
- MSCONS (Übermittlung von Zählerständen, Energiemengen, Werte)
- INVOIC (Abschlags-, Netznutzung-, WiM- und MSB-Abrechnungen, Sonstige Rechnungen)
- REMADV (Bestätigung oder Ablehnung der Rechnungen, Storno)
- COMDIS (Ablehnung von Lieferscheinen, Ablehnung von bestimmten Abrechnungen)
- PRICAT (Allgemeine Preisblätter Prozesse)
- UTILMD STROM (Stammdatenänderungen von GPKE, MPES, WiM, HKNR-Prozessen)
- UTILMD MABIS (Stammdatenänderungen von MaBiS Prozessen)
- APERAK (Verarbeitbarkeitsfehlermeldung)
- CONTRL (Empfangsbestätigung inklusives Ergebnis der Syntaxprüfung, Syntaxfehlermeldung)
Diese eben aufgezählten Marktnachrichten werden verknüpft mit Prüfidentifikatoren, um energiewirtschaftliche Prozesse exakt zu beschreiben und zu benennen. Prüfidentifikatoren bestehen aus fünfstelligen Ziffern, die jeweils hinter einer Marktnachricht einen bestimmten Prozess eindeutig zuordnen, zum Beispiel: ORDERS 17102 beschreibt den Prozess Anfrage von Werten.
Wie die Marktnachricht aufgebaut sein muss, wird in den jeweiligen gleichnamigen Anwendungshandbüchern (AHB) auf der edi@energy Webseite aufgeschlüsselt. Die dazugehörigen syntaktischen und technischen Anforderungen stehen in dem Implementierungshandbuch (MIG).
Wie bleibe ich immer auf dem aktuellsten Stand?
Dieser Eintrag erklärt zusammenfassend die aktuellen Prozesse der energiewirtschaftlichen Regulatoriken GPKE, WiM, MPES, MaBiS und GeLi Gas. Die Energiewirtschaft ist im stetigen Wandel und die Regulatoriken ändern sich durch Formatwechsel jedes halbe Jahr. Die BNetzA und BDEW veröffentlichen die kommende Veränderungen rechtzeitig, sodass sich die Marktteilnehmer bereits im Vorfeld auf die nächstgültige Fassung vorbereiten können. Deswegen wird zusätzlich beschrieben, welche Webseiten neue Informationen enthalten. Die zukünftigen Versionen der Regulatorik sind bereits auf den Seiten unter „Zukünftig gültige Fassung“ veröffentlicht (zukünftige GPKE, zukünftige WiM , edi@energy).