21. Februar 2019

5 Schritte zur Vorbereitung einer erfolgreichen S/4HANA Transformation

Die Transformation von SAP ERP in Richtung S/4HANA ist für viele Unternehmen eine Herausforderung. Die Mehrwerte der neuen Generation der ERP-Software scheinen auf den ersten Blick sehr klar, dennoch macht sich bei vielen Unternehmen eine Unsicherheit breit. Besonders bei der Frage:

„Wie kommen wir von unserem bisherigen SAP ERP auf S/4HANA?“

In diesem Artikel möchten wir die wesentlichen Punkte einmal für Sie ordnen und Ihnen einen organisatorischen Leitfaden für eine erfolgreiche S/4HANA Transformation an die Hand geben.

Die Entscheidung für eine S/4HANA Transformation ist bereits gefallen

Als Unternehmen werden Sie dauerhaft nicht drum herum kommen Ihre IT-Systeme auf den neuesten Stand zu bringen. Natürlich ist der richtige Zeitpunkt bei jedem Unternehmen individuell.

Unabhängig vom Zeitpunkt der Transformation, sollten Sie folgende 5 Schritte beachten:

Schritt 1: Readiness Check durchführen

Schritt 2: Projektorganisation initial aufbauen

Schritt 3: Simplification List abarbeiten

Schritt 4: System- & Architekturplanung durchführen

Schritt 5: Transformationspfad festlegen

Diese 5 Schritte bringen Ihnen zunächst Klarheit über den Umfang, das optimale Projektvorgehen und die technischen Details Ihres Vorhabens und ermöglichen Ihnen ein erfolgreiches Projekt-Setup für die spätere Umsetzungsphase.

Bitte beachten Sie, dass diese Schritte teilweise auch parallel ausgeführt werden können. Der Begriff „Schritt“ dient lediglich der inhaltlichen Abgrenzung.

Schritt 1: Readiness Check durchführen

Der Readiness Check sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestartet werden, da dieser eine wesentliche Grundlage für Ihre Transformation darstellt. Neben einer veränderten Business-Logik in der Anwendungsschicht des neuen S/4HANA Systems, ist vor allen Dingen eines neu, die Datenbank. Die HANA Datenbank ist das Fundament von S/4HANA – höhere Geschwindigkeiten sind das Resultat.

Durch diese Technik verändert sich in der Zukunft allerdings auch die Anforderung an Ihr Coding an vielen Stellen. Nicht jede Entwicklung ist HANA ready. Trotz der sogenannten Core Data Services werden Sie Umbaumaßnahmen im Coding einleiten müssen.

Die Datenbank allein ist natürlich nicht der einzige Grund, weshalb Entwicklungen nicht mehr funktionieren können und auch nicht das einzig neue an S/4HANA.

Des Weiteren möchten Sie ja auch die Gelegenheit nutzen, um sich von Altlasten zu befreien. Sie erhalten also eine Übersicht Ihrer Eigenentwicklungen sowie der Menge dieser in Ihrem heutigen System und eine Auswertung über die Häufigkeit der Nutzung.

Weiterhin bekommen Sie somit die Grundlage diese Eigenentwicklungen gegen die neuen Funktionen von S/HANA zu prüfen und festzulegen, ob Sie in Zukunft den SAP Standard nutzen möchten. Die Motivation von Eigenentwicklungen ist ja bekanntlich Prozesse zu realisieren, die der Standard nicht in der benötigten Form bereithält. Prüfen Sie sorgfältig, ob das in S/4HANA weiterhin der Fall ist. Hierzu später mehr in „Schritt 3: Simplification List abarbeiten“.

Der Readiness Check zeigt Ihnen auch hier bereits Informationen über die Simplification Items, die für Sie relevant sind.

Tipp: Nutzen Sie die Chance bei geeigneten Themen auf den Standard zu wechseln.

Readiness Check:

Der Readiness Check gibt darüber hinaus Aufschluss über weitere Themen, wie Business Functions, Add Ons oder die voraussichtliche Systemgröße.

Also insgesamt über:

  • Kundeneigene Entwicklungen (Z-Coding): Custom Code Check
  • Funktionale Änderungen bei:
    • Business Functions
    • Add-Ons
  • Die Systemgröße Ihres neuen S/4HANA Systems
  • Fiori Apps: Empfehlungen auf der Grundlage der häufig genutzten, bisherigen Transaktionen im SAP GUI

Achtung: Umsysteme beachten!

Der Standard Readiness Check erlaubt Ihnen die Beurteilung Ihres SAP ERP Systems in Bezug auf die Transformation, aber nicht die Transformation aller Umsysteme.

Prüfen Sie Ihre Umsysteme und Schnittstellen unbedingt mit. Die Überführung des Cores allein wird nicht zum Erfolg führen.

Schritt 2: Projektorganisation initial aufbauen

Neben dem Readiness Check ist das Aufsetzen Ihrer initialen Projektorganisation elementar. Die Projektorganisation baut sich selbstverständlich dann erst final in vollem Umfang auf, wenn Sie alle Analysen abgeschlossen haben. Aber dennoch benötigen Sie gleich zu Beginn ein schlagkräftiges Team, was die Ergebnisse unter anderem aus Readiness Check deuten kann.

Das Team wird sich also aus fachlichen und technischen Experten zusammensetzen müssen, die unterschiedliche Aufgaben haben.

Fachliches Team:

S/4HANA bringt diverse Neuerungen mit sich. Eine veränderte Tabellenstruktur, neue Businessprozesse (bzw. deren Anpassung) und nicht zuletzt die Reporting-Fähigkeit sind mit dem SAP ERP nur noch bedingt vergleichbar.

Neben den technischen Finessen benötigen Sie daher das Team aus fachlichen Experten, welches Ihre Kernprozesse kennt und diese zwischen der „alten“ und „neuen“ Welt vergleichen kann. Die Entscheidung, zum Beispiel eine kundeneigene Entwicklung nicht mehr zu verwenden, ist also keine rein technische – sondern auch eine fachliche.

Technisches Team:

Ihr technisches Team aus Experten für die Entwicklung, Migration und Schnittstellen bildet die Grundlage für die Ergebnisse aus dem fachlichen Team. Sie analysieren die technischen Voraussetzungen und interpretieren diese zunächst aus der technischen Perspektive für die spätere Entscheidungsfindung.

Ein gutes Beispiel ist die Prüfung der Umsysteme und Schnittstellen aus Schritt 1. Hier muss das technische Team Grundlagenarbeit leisten und diese Ergebnisse engmaschig mit dem fachlichen Team abstimmen, um die optimale Lösung zu skizzieren.

Schritt 3: Simplification List abarbeiten

Die Simplification List ist ein weiterer Kernbestandteil Ihrer Arbeit auf dem Weg zu S/4HANA.

Diese enthält alle Änderungen die durch S/4HANA Einzug nehmen. In Kombination mit dem Readiness Check erhalten Sie hierbei die Grundlage zur Planung für Ihr neues System.

Die wohl bekannteste Änderung ist die Zusammenführung von Kunden und Lieferanten zum Business Partner (den man aus Branchenlösungen, wie dem SAP IS-U oder CRM bereits kennt) und die damit verbundene Customer Vendor Integration (CVI), die im SAP ERP noch optional war.

Das ist jedoch nicht das einzige, was sich verändert. Die Simplification List gibt unter anderem auch Aufschluss über:

  • Welche Transaktionen fallen weg?
  • Welche Transaktionen werden ersetzt bzw. zusammengefasst?
  • Veränderungen im Datenmodell (Stichwort „Universal Journal“)

Kurz: über alle Neuerungen im Vergleich zu SAP ERP.

Für jedes Release von S/4HANA existiert entsprechend eine Simplification List. Hier finden Sie die aktuelle Liste für die Version 1809.

Neben dem Readiness Check, der eine technische Basis darstellt und Ihnen zeigt, welche Anpassungen Sie zwingend vornehmen müssen, sollten Sie die Simplification ebenfalls aus der Sicht der Fachbereiche prüfen. Die neuen Funktionen die S/4HANA bietet, werden ebenfalls in dieser Liste dargestellt und sollten daher umfänglich geprüft werden.

Wie schon in Schritt 1 erfolgt auch hier der Hinweis die Chance zu nutzen und an geeigneten Stellen auf den SAP Standard zu wechseln. Die Motivation an dieser Stelle des Prozesses sollte allerdings fachlich getrieben sein.

Schritt 4: System- & Architekturplanung durchführen

Neben allen prozessrelevanten Themen, die bei der Transformation zu S/4HANA eine Rolle spielen, muss auch klassische Basis-Arbeit verrichtet werden. Neben dem Systemdesign müssen unter anderem Fragen zum Sizing und der Archivierungsstrategie gestellt werden.

Dass eine HANA DB nun alle Daten permanent im Speicher zur Verfügung hält, ist natürlich nicht richtig. Das Sizing spielt daher eine erhebliche Rolle bei der Planung Ihres Systems.

Weiterhin muss die Frage nach einem geeigneten Integration-Layer gestellt und beantwortet werden. Möglichkeiten können natürlich die SAP Cloud Plattform oder SAP PI sein.

Eine Hauptfrage hier lautet:

„Wie wollen Sie zukünftig Ihre Randsysteme an ihr S/4HANA anbinden?“

On-Premise oder Cloud

Auch diese Entscheidung muss getroffen werden. Sie haben mit S/4HANA die Möglichkeit verschiedene Varianten der Systembereitstellung zu nutzen. Eine Handlungsempfehlung gibt Ihnen die Auswertung der bisherigen Analysedaten.

Schritt 5: Transformationspfad festlegen

Die bisherigen Schritte haben diverse fachliche und technische Erkenntnisse geliefert. In der Kombination bilden diese Erkenntnisse nun die Grundlage für den optimalen Transformationspfad.

Greenfield vs. Brownfield

Alles neu? Dann ist Greenfield sicherlich der richtige Ansatz. Die Antwort darauf müssen Sie sich aber zunächst selbst liefern, denn neben allen Daten aus der Analyse ist der Greenfield-Ansatz durchschnittlich längeren Projektdauer verkoppelt.

Neben der technischen Sicht haben Sie auch Veränderungen in Ihren Prozessdurchläufen und das muss zunächst etabliert werden.

Bestehendes weiterverwenden? Dann ist Brownfield der richtige Ansatz. Stellen Sie sich aber die Frage, ob Ihnen das strategisch einen Vorteil bringt und es nicht nur eine Zeitersparnis ist. Wenn Sie aktuell Wettbewerbsvorteile durch realisierte Eigenentwicklungen haben, dann ist die Lage relativ eindeutig.

Die Landscape-Transformation ist ein weiterer Ansatz, der aber genau genommen nichts anderes ist als eine Vorstufe der beiden Verfahren, wenn es um die Konsolidierung ihrer Systeme geht.

Fazit:

In diesem Artikel haben Sie einen Ordnungsrahmen erhalten, welcher Sie bei einer erfolgreichen Transformation zu S/4HANA und dem damit verbundenen Projekt-Setup unterstützen kann. Wenn Sie die verschiedenen Schritte gewissenhaft durchlaufen, dann sind Sie schon auf einem guten Weg zu einem konzipierten S/4HANA System. Einen Königsweg für die ideale Transformation gibt es wie so oft leider nicht.

Jede Transformation ist individuell und muss auf Basis sorgfältiger Analysen und Vorarbeiten ausgeführt werden.

Für weitere Details und Informationen sprechen Sie uns gerne an.

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Ein Beitrag von:

Michael Bloß

Michael Bloß ist Bereichsleiter bei der adesso orange AG. Seine Schwerpunkte liegen in der Organisations- und Prozessberatung – insbesondere dem Projektmanagement in verschiedenen Projektformen und der Organisation von IT-Service-Strukturen und Prozessen - sowie im Bereich ERP Systeme (SAP R/3, S/4HANA).
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