30. Januar 2023

Ist Low-Code-/No-Code-Entwicklung die Zukunft?

Low-Code-/ No-Code (LCNC) – diese Begriffe sind zurzeit in aller Munde. Sie gelten als zeit- und kostensparende Alternativen zur klassischen Programmierung mit Pro-Code. Laut Bitkom automatisieren bereits über ein Drittel der deutschen Unternehmen ihre Prozesse mithilfe von Low-Code und No-Code. Ziel ist die schnelle Entwicklung von Lösungen durch direkte Einbindung von „Citizen Developern“, die meist kaum Programmierkenntnisse besitzen. Gerade im dynamischen Zeitalter der Digitalisierung ist es für Unternehmen erfolgsentscheidend, Innovationen zügig und kosteneffizient umzusetzen. Nur so gelingt es ihnen, den Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern zu wahren.

Was genau hinter den Low-Code/ No-Code-Ansätzen steckt, könnt ihr in diesem Beitrag erfahren.

Low-Code und No-Code als Digitalisierungstreiber

Applikationen von Grund auf neu zu coden ist ein komplexer und zeitaufwendiger Prozess, der spezialisiertes Know-how erfordert. Oft fehlen jedoch die notwendigen IT-Ressourcen. Low-Code und No-Code-Ansätze vereinfachen den Entwicklungsprozess erheblich. Über die intuitive, grafische Benutzeroberfläche der LCNC-Plattformen können Anwender:innen Applikationskomponenten einfach per Drag & Drop verschieben und miteinander verknüpfen. So lassen sich beispielsweise automatisierte Workflows, Webanwendungen sowie mobile Applikationen schneller erstellen und erweitern.

Der Hauptunterschied zwischen Low-Code- und No-Code-Plattformen liegt in den erforderlichen Programmierkenntnissen der Anwender:innen. Low-Code-Plattformen erfordern minimale Programmierkenntnisse, um komplexe Anwendungen zu entwickeln und zu integrieren. No-Code-Plattformen hingegen erfordern keinerlei Programmierkenntnisse. Die Grenzen zwischen Low-Code und No-Code können fließend verlaufen. Die unterschiedlichen Ansätze ermöglichen Anwender:innen mit und ohne Programmierkenntnissen eine enge Zusammenarbeit, um die beste Lösung zügig zu entwickeln. Das führt zu mehr Innovationen und entlastet die IT-Fachkräfte. Diese können sich somit auf komplexere Entwicklungs- und Digitalisierungsprojekte fokussieren.

Woher kommt die Low-Code/ No-Code-Bewegung?

Die Idee, das Programmieren zu vereinfachen, ist nicht neu. Die Anfänge der LCNC-Bewegung reichen bis in die 90er-Jahre zurück. Als Vorläufer zählt das Rapid Application Development (RAD). Die beliebtesten Plattformen dieser „schnellen Anwendungsentwicklung“ waren Visual Basic, Delphi und Oracle Forms.

Die Bezeichnung „Low Code” selbst wurde erstmals im Jahr 2014 von Forrester Research verwendet. Seitdem erfreut er sich wachsender Beliebtheit, auch begünstigt durch die Pandemie. Laut einer Studie von Gartner werden LCNC-Plattformen bis 2024 bei mehr als 65 % der Anwendungsentwicklungen weltweit zum Einsatz kommen. Dies spielt insbesondere im Hinblick auf den IT-Fachkräftemangel eine bedeutende Rolle.

Citizen Developer – wie Anwender:innen zu Entwickler:innen werden

In Deutschland fehlen 137.000 IT-Fachkräfte. Dieser Mangel wird sich in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen und entwickelt sich zu einem der größten Hemmnisse der digitalen Transformation. Die Antwort auf den Fachkräftemangel: Citizen Developer. Immer mehr Unternehmen setzen auf sie.

Hierbei geht es um Mitarbeitende, die für ihren Fachbereich Lösungen mithilfe von Low-Code und No-Code entwickeln. Für diese Aufgaben sind die sogenannten „Fachbereichsentwickler:innen“ prädestiniert, da sie ihre Prozesse sowie Anforderungen am besten kennen.

Quelle: SAP

Neben der Überwindung von IT-Ressourcenengpässen tragen Citizen Developer dazu bei, Reibungsverluste zwischen Fach- und IT-Abteilung zu reduzieren. Anforderungen werden ohne Missverständnisse und schneller umgesetzt. Dies führt zu weniger Iterationen und damit zu kosteneffizienteren Projekten. Unternehmen profitieren von automatisierten und weniger fehleranfälligen Prozessen. Zudem wird die digitale Transformation deutlich beschleunigt.

Quelle: SAP

Fachabteilungen sollten jedoch nie unkontrolliert LCNC-Tools einsetzen, damit Anwendungen und Automatisierungen nicht doppelt erstellt werden. Daher ist ein gewisses Maß an Steuerung notwendig, um die sogenannte Schatten-IT zu vermeiden. Die Nutzer sollten über die Auswirkungen ihrer LCNC-Apps und Automatisierungen in Bezug auf IT-Governance und Sicherheit geschult werden.

Gartner schätzt, dass 2025 circa 70 % aller Technologieprodukte und -services durch Citizen Developer mittels Low-Code-Tools entstehen werden. Im Jahr 2020 betrug dieser Anteil noch keine 25 %.

SAP Build – die neue Low-Code-Plattform der SAP gegen den Fachkräftemangel

Auf der jüngsten Entwicklerkonferenz TechEd 2022 hat der Softwarekonzern SAP mehrere neue Technologien im Rahmen der Low-Code/ No-Code-Plattformen vorgestellt. Vor allem ging es um SAP Build, eine Low-Code-Plattform. Sie basiert hauptsächlich auf den Lösungen des Anfang 2021 übernommenen finnischen LCNC-Anbieters AppGyver. Die neuen SAP-Angebote sollen Kunden helfen, „sich in einem volatilen wirtschaftlichen Umfeld zukunftssicher aufzustellen und maximalen Nutzen aus ihren Technologieinvestitionen zu ziehen.“ SAP möchte aber auch dem IT-Fachkräftemangel entgegenwirken, indem sie aus Anwender:innen Entwickler:innen macht. Hierfür vergrößert sie ihr Technologieportfolio mit SAP Build und bietet LCNC-Kurse sowie Hilfestellungen an. Die DSAG betont, SAP Build könne dem Fachkräftemangel die Spitze nehmen und Schatten-IT reduzieren.

Quelle: SAP

Die neuen LCNC-Plattformen sind Bestandteil der SAP Business Technology Platform (SAP BTP). Den No-Code-Part übernehmen die Tools SAP Build Apps und SAP Build Process Automation. Mit SAP Build Apps lassen sich per Drag-and-Drop Anwendungen für mobile Geräte und Desktop erstellen. Bei SAP Build Process Automation geht es um eine KI-gestützte Lösung für Workflow-Management und roboterbasierte Prozessautomatisierung (RPA). Durch die Integration mit der Business Process Management-Lösung SAP Signavio bekommen Anwender:innen einen vollständigen Überblick über ihre Prozesse. Da es nicht immer ohne Code geht, bietet die SAP auch Low Code-Tools an, zum Beispiel SAP Business Application Studio. Zudem können Anwendende mit SAP Build Work Zone attraktive, individuelle Unternehmenswebseiten erstellen. Mit diesen Werkzeugen werden zum einen die Citizen Developer befähigt und zum anderen wird die Arbeit der professionellen Entwickler:innen beschleunigt.

Quelle: SAP

Das Besondere an LCNC-Tools der SAP: Sie ermöglichen eine enge Integration in die SAP-Kernprodukte sowie in bestehende IT-Governance und Sicherheitskonzepte. Dadurch wird der Nutzen der bestehenden IT-Landschaft maximiert.

Fazit

Der Beitrag zeigt deutlich: Low-Code/ No-Code-Entwicklung ist die Zukunft. In Zeiten von IT-Fachkräftemangel und erhöhtem Entwicklungsbedarf bietet LCNC die Chance, mehr Mitarbeiter:innen in die Entwicklung einzubeziehen. Citizen Developer können einen großen Mehrwert liefern und die IT-Abteilung deutlich entlasten. Durch Low-Code und No-Code können sie dazu beitragen, dass in den Fachbereichen benötigte Lösungen schnell und maßgeschneidert erstellt werden. Die größte Herausforderung dabei ist, dass dies nicht völlig unkoordiniert geschieht. Das Citizen Development Konzept muss unbedingt gut koordiniert und gesteuert werden, damit keine Schatten-IT entsteht. SAP Build unterstützt hier effizient und ermöglicht eine vereinfachte Integration in das bestehende SAP-System und IT-Governance. Die DSAG betont zurecht: „SAP Build ist ein Tool, dass dem Hype um „NoCode/LowCode“ mit einem sinnvollen Produktkonzept begegnet.“

Unternehmen, die auf LCNC- Technologien setzen, müssen also gewährleisten, dass im Umgang klare Regelungen und Grenzen eingehalten werden. Nur wenn dies gewährleistet wird, bieten LCNC-Technologien signifikante Vorteile, um intuitiv und kosteneffizient den Weg der digitalen Transformation zu beschreiten und dadurch Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Unsere Mission ist es, unsere Kunden auf diesem Weg der Transformation zu begleiten.

Zu diesem Thema werden weitere Artikel folgen – es bleibt spannend.

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Ein Beitrag von:

Dilek Gündogdu

Dilek ist seit September 2022 für die adesso orange AG als Senior Beraterin im Bereich Digital Business/ Cross Industries, in Berlin tätig. Ihr Arbeitsschwerpunkt bildet hierbei die Begleitung von Kunden bei ihrer Digitalen Transformation mithilfe von SAP-Lösungen, wie z. B. SAP SuccessFactors. Darüber hinaus beschäftigt sie sich mit den Themen CSR und Nachhaltigkeit.
Alle Beiträge von: Dilek Gündogdu

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